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Interview mit Bürgermeisterin Ruth Disser

Seit 01. Februar 2004 amtiert Ruth Disser als Bürgermeisterin der Gemeinde Mainhausen. Im September 2009 wurde die sympathische Rathauschefin mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in ihrem Amt bestätigt. Nach der erneuten Nominierung durch ihre Partei strebt Ruth Disser nun eine Dritte Amtszeit an. Der Rote Bote hat dies zum Anlass genommen, mit Ruth Disser über die Beweggründe zu sprechen und dabei allerhand Informationen erhalten.

Roter Bote: Frau Disser, wichtige Ereignisse stehen vor der Tür. Wie geht es Ihnen?
Ruth Disser: Unsere Silberne Hochzeit durften mein Mann und ich ja bereits feiern und wir freuen uns natürlich auf die nächsten 25 gemeinsamen Jahre. Wenn Sie meinen fünfzigsten Geburtstag ansprechen, dann hoffe ich auf ein schönes Fest mit den Mainhäuserinnen und Mainhäusern.
Wahrscheinlich spielen Sie aber auf die Bürgermeisterwahl am 27. September an.

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RB: Ja sicher! Sind Sie überhaupt nicht nervös?
Ruth Disser: Nervös bin ich in der Regel erst kurz vor einem solchen Ereignis. Aber natürlich liegt im Vorfeld solcher Entscheidungen eine gewisse Spannung in der Luft. Immerhin beurteilen die Wähler am 27. September meine Arbeit der letzten Jahre und entscheiden über meine Zukunft. Gleichzeitig aber auch über die Zukunft Mainhausens.

RB: Und was glauben Sie, wie das Urteil ausfällt?
Ruth Disser: Die Menschen wissen, dass ich immer mein Bestes gegeben habe. Wenn man sich die Situation in Mainhausen heute anschaut, habe ich sicher nicht Alles, aber sehr Vieles richtig gemacht. Gleichzeitig habe ich stets auch zu unpopulären Entscheidungen gestanden und mich der Kritik der Mainhäuser gestellt, wenn mal was nicht rund lief. Ich denke, das werden die Menschen anerkennen.

RB: Nennen Sie uns die Meilensteine ihrer Arbeit?
Ruth Disser: Zu Beginn meiner Amtszeit lag die Gemeinde finanziell am Boden. Ich wusste zunächst nicht, ob ich die Gehälter der Mitarbeiter bezahlen kann. Außerdem stand die Wohntreff GmbH (Träger des Aurelius-Hof  Anm. d. Red.) vor der Insolvenz. Dazu noch der Zinnober mit der Sendefunkanlage und den gewollten Schulneubau in Zellhausen. Da musste ich zuerst ran, bevor ich meine eigentlichen Themen bearbeiten konnte.

RB: Und die waren?
Ruth Disser: Der Begriff von moderner Kinderbetreuung war in Mainhausen ein Fremdwort. Die Forderung nach Ganztags-angeboten wurde von meinem Amtsvorgänger als Gedöns abgetan. Da musste dringend was passieren, um die Gemeinde wieder attraktiv für junge Familien zu machen. Hier habe ich viel Kraft investiert und eine klare Priorität gesetzt. Baulich sehen Sie das heute an den Grundschulneubauten mit den dazugehörigen Betreuungseinrichtungen und der Schulturnhalle. Auch an den Kindergärten haben wir investiert. Aber richtige Arbeit und viel Finanzkraft steckt auch in der Organisation des pädagogischen Angebotes von der Krippe bis zur Grundschule. Das war der Anfang.

RB: Man verbindet aber auch zahlreiche Projekte mit Ihrem Namen, die nicht in den Betreuungsbereich fallen.
Ruth Disser: Ja, natürlich musste ich mich auch um den Investitionsstau kümmern. Die beiden Feuerwachen waren in einem erbärmlichen Zustand, der Kanal undicht und die defizitären Freizeiteinrichtungen Badeseen und Campingplatz benötigten dringend eine betriebswirtschaftlich orientierte Organisation in Form eines Eigenbetriebs. Außerdem standen die Mainflinger ohne Lebensmittelmarkt da. Das war schon ein heißer Tanz auf vielen Hochzeiten – vor allem in der Ersten Wahlzeit.

RB: Und später?
Ruth Disser: Nach meiner Wiederwahl mit zwei Drittel Mehrheit war Einiges einfacher, ich konnte ja auch auf eine inzwischen viel stärkere SPD-Fraktion zählen, die mir den Rücken frei hält und einen entscheidenden Beitrag für die politische Arbeit, die Ideenfindung  und die Problemlösungen liefert. Da werde ich nie alleine gelassen, ein sehr gutes Gefühl. Leider kam dann die Wirtschafts- und Finanzkrise mit allen Konsequenzen. Die haben wir gemeinsam aber als Chance begriffen und optimal genutzt.

RB: Was meinen Sie mit optimal genutzt?
Ruth Disser: Statt die Mittel aus den Konjunkturprogrammen in teure Neubauten mit hohen Folgekosten zu investieren, haben wir das Geld in den Substanzerhalt und die energetische Modernisierung unserer Liegenschaften gesteckt. Flaggschiff hierbei ist das Mainflinger Bürgerhaus. Nicht zu vergessen der An- und Umbau am Katholischen Kindergarten in Zellhausen. Die Gemeinde musste zwar immer auch ihren Teil drauf legen, aber das Ergebnis ist super. Zudem haben wir in den letzten Jahren viel für die Verkehrsinfrastruktur getan. Mehrere Bushaltestellen sind erneuert, der Kreuzungsbereich an der TGZ-Turnhalle ist umgestaltet und ein Verkehrssicherungskonzept erstellt. Außerdem haben wir gefühlt die halbe Gemeinde umgegraben und neben den Wasser- und Abwasseranlagen gleich die Straßen mit saniert.

RB: Das hört sich nach einer sehr durchdachten und abgestimmten Vorgehensweise an.
Ruth Disser: Wissen Sie, die Zeit der siebziger Jahre in der man zur Gemeinde ging, einen Wunsch äußerte und der Bürgermeister sofort eine Summe in den Haushaltsplan stellte, ist vorbei. Sie müssen Ökonomie, Ökologie und Soziales in Einklang bringen und gleichzeitig sparsam haushalten, weil die Mittel knapper sind. Die Herausforderungen sind heute doch andere. Wer sprach denn vor dreißig Jahren von Klimawandel, Ressourcenknappheit oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wenn Sie heute an einem Rädchen drehen, dreht sich alles andere mit. Deshalb haben wir uns auch für ein stärkeres Engagement im Klimaschutz entschieden. So hilft zum Beispiel auch jede Maßnahme zur CO²-Einsparung auch dem Gemeindesäckel durch niedrigere Energiekosten.

RB: Sie haben vorhin kurz die SPD erwähnt. Welche Bedeutung hat ihre Parteizugehörigkeit für Sie?
Ruth Disser: Ich finde es befremdlich, wenn Parteifunktionäre plötzlich ihre politische Herkunft leugnen, nur weil sie für ein Amt kandidieren. Ich bin Bürgermeisterin für alle Mainhäuser und gleichzeitig Mitglied in der SPD. Das ist doch ganz einfach. Andererseits finde ich in der Partei ein tolles Team und Menschen mit herausragenden Kompetenzen. Hans-Joachim Funkert steht mir seit zehn Jahren als Erster Beigeordneter zur Seite und hilft, wo er kann. Dieter Jahn ist ein ausgemachter Verwaltungsfachmann und ein hervorragender Vorsitzender der Gemeindevertretung. Gisela Schobbe hält wie eine Mutter den Laden zusammen und Kai Gerfelder ist ein ausgewiesener Profi mit hervorragender Vernetzung. Dazu alle anderen helfenden Hände in der Fraktion und dem Ortsverein. Die haben alle immer zu mir gehalten. Das ist doch ein Segen! Dafür bin ich dankbar!

RB: Wir haben jetzt viel über die Vergangenheit gesprochen. Was planen Sie für die Zukunft?
Ruth Disser: Zunächst mal möchte ich die Planungen für das manroland-Gelände zu einem Erfolg führen. Dort wird sich zeigen, was Stadtentwicklung wirklich heißt. Es geht ja nicht darum, dass Häuser gebaut werden. Wir müssen für 700 Menschen die Infrastruktur sichern. Dazu gehören Kinderbetreuung und Nahversorgung. Außerdem bietet die Fläche ja auch neue Möglichkeiten für Seniorenwohnen und einen Kinderspielplatz. Dann möchte ich noch unbedingt das Gewerbegebiet in Zellhausen einweihen. Dass sind die großen flächengebundenen Erweiterungsmaßnahmen.

RB: Und die Zukunftstinvestition Breitband…
Ruth Disser: …ist nicht nur für die Wirtschaft ein wichtiges Thema. Ziel muss es sein, eine ausreichende Versorgung mit Glasfasertechnologie zu erreichen. Als Mainhäuser können wir das aber alleine nicht stemmen. Deshalb haben sich die Kommunen im Kreis Offenbach zusammen gefunden, um das Problem gemeinsam zu lösen. Ich bin zuversichtlich, dass wir bald erste Ergebnisse haben.

RB: Sehen sie noch weitere Probleme?
Ruth Disser: Nein, ich sehe Herausforderungen! Wir müssen bezahlbaren Wohnraum für alle schaffen und gleichzeitig die Unterbringung der hier ankommenden Flüchtlinge gewährleisten. Dabei darf nicht der Eindruck entstehen, dass die einen Konkurrenz für die anderen sind. Ich habe entsprechende Vorlagen bereits erarbeitet und in Mainflingen ein Grundstück zur Bebauung  vorgeschlagen. Dabei geht es nicht um ein Flüchtlingsheim sondern um frei zugängliche Wohnungen mit einem günstigen Mietzins. Im Übrigen haben wir durch unsere gute Arbeit bei der Flüchtlingsunterbringung inzwischen eine Vorreiterrolle im Kreis Offenbach inne. Da möchte ich allen Mitarbeitern - insbesondere des sozialen Netzwerks - und der gesamten Gemeinde mein herzliches Dankeschön sagen.

RB: Sie haben für alles aber nur wenig Geld!
Ruth Disser: In den letzten Jahren haben wir unser Augenmerk verstärkt auf den Schuldenabbau gelegt. Mit Erfolg! Eine Neuverschuldung gab es in den letzten Jahren nicht mehr, trotzdem hat die Gemeinde in den Bestand investiert. Im Gegenzug wurden vorhandene Darlehen getilgt. Hatte die Gemeinde im Jahr 2010 noch eine Darlehensschuld von über 10 Millionen Euro, liegen wir Ende 2016, laut Haushaltsplan, bei einem Darlehensstand von rund 5,8 Millionen. Die Darlehensschuld wurde also in 6 Jahren nahezu halbiert. Und der Haushalt für 2016 ist nach einem Kraftakt endlich wieder ausgeglichen. Das schafft natürlich Spielräume auf Grund sinkender Zins und Tilgungsleistungen.

RB: Die Sie wofür verwenden wollen?
Ruth Disser: Hauptsächlich für ein Großprojekt, das dem sozialen Zusammenhalt der Gemeinde dient: Die Sanierung des Bürgerhauses Zellhausen wurde von mir bereits im Haushaltsplan vorgesehen und die Mehrheit im Parlament hat dem zugestimmt. Damit steht fest, in diesem Jahr wird geplant und in den kommenden Jahren wird die Sanierung umgesetzt. Die Planungen will ich gemeinsam mit den Nutzern der Zellhäuser Gut-Stubb machen. Ich hoffe hier sehr auf deren Mitarbeit, denn die Nutzer wissen, was notwendig ist und wo die Priorität liegen muss. Ich weiß, wie wichtig unsere Vereine für das Gemeinwohl sind und ich liebe die Zusammenarbeit mit den Menschen, die diese Vereine tragen. Als Bürgermeisterin versuche ich den Spagat zwischen Finanzlage Gemeinde, steigende Ansprüche Aller und den Notwendigkeiten für das Gemeinwohl zu schaffen. Gern will ich weiterhin die Partnerin unserer Vereine sein, gern mit Ihnen zusammen Lösungen finden und umsetzen.

RB: Frau Disser, wir müssen nun zum Ende unsers Gespräches kommen. Haben Sie noch ein Anliegen?
Ruth Disser: Eigentlich bin ich noch bei weitem nicht fertig. Selbstverständlich bleibt der Bereich Kinderbetreuung weiter im Fokus. Ebenso Angebote für Senioren. Ein Schritt in die
richtige Richtung war die Schaffung unseres „Hauses Spessart-
blick“, das seniorengerechte Wohnen im Ortsteil Mainflingen. Eine solche Wohneinheit wird auch baurechtlich auf dem ehemaligen manroland-Gelände vorgesehen. Wir müssen weitere Schritt bei der Verkehrsberuhigung machen, und, und und… Das entnehmen Sie dann meinem Wahlprogramm.

Aber was ich eigentlich noch sagen wollte: Ich würde mich freuen, wenn in Mainhausen noch mehr Gemeinsamkeiten entstehen, die Ortsteile weiter zusammen wachsen und ein Miteinander herrscht, das geprägt ist von Solidarität und Rücksichtnahme. Dazu kann ich als Bürgermeisterin nur die Rahmenbedingungen schaffen.  Letztlich hängt es an jedem einzelnen seinen Beitrag dazu zu leisten. So wie ich meine Mainhäuser kenne, werden wir auf diesem gemeinsamen Weg aber weiter erfolgreich sein.

RB: Frau Disser, Danke für das Gespräch!

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