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Ex-Minister Rudolf Scharping prominenter Gastredner

beim Neujahrsempfang der SPD Mainhausen

Mit Rudolf Scharping erlebte der 85 Mitglieder zählende SPD-Ortsverein Mainhausen einen prominenten Gastredner beim Neujahrsempfang in Zellhausen. Möglich machten's die Kontakte von Fraktionschef Kai Gerfelder, der im Wahlkreisbüro der hiesigen Bundestagsabgeordneten Dr. Erika Ober arbeitet. Zwar ist der 57-jährige Westerwälder aktuell "nur" einfaches Mitglied des Bundestags, doch rief der örtliche Parteivorsitzende Günter Ohlig einige seiner früheren Ämter in Erinnerung: Partei- und Fraktionschef auf Landes- und Bundes-, ersteres sogar auf Europa-Ebene, Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz und Bundesverteidigungsminister. Aus Frankfurt, woher seine Mutter stammt und wo seine Frau lebt, hatte es Scharping nicht weit ins Bürgerhaus-Kolleg. Früheren Spitzenpositionen trauere er nicht nach, „meine Überzeugung ist mir wichtiger". Seinen Kollegen riet er, „statt in Redaktionen und Talkshows öfter mit normalen Leuten zu reden". Die Medien nahm er von seiner Schelte nicht aus. Lese man manche Schlagzeilen, „müssten wir unmittelbar im absoluten Chaos leben", kritisierte der Sozialdemokrat und riet zu mehr Gelassenheit. Am Beispiel Lkw-Maut rügte er die „Kakophonie" von CDU/CSU: Kaum funktioniere das System, rege einer an, es auf Pkw auszudehnen. Stichwort Hartz IV: „Es ist richtig, ein neues Gleichgewicht von Fordern und Fördern zu schaffen, statt Arbeitslosigkeit nur zu verwalten." Zugleich warnte Scharping vor übertriebenem Optimismus. „2005 wird nicht besser als 2004. Die Arbeitslosigkeit bleibt leider hoch. Im Herbst werden wir wieder kämpfen müssen, dass jeder einen Ausbildungsplatz bekommt, der einen sucht." Er empfahl jedoch, „den Kopf über den Rand des Jammertals zu heben". Sonst beeinträchtige die Bundespolitik die Wahlchancen der SPD in Mainhausen.

Nicht nur der Gesetzgeber sei gefragt; auch im Alltag entscheide sich viel. Am Umgang mit den Jüngeren und mit den Älteren verdeutlichte Scharping, woran die Gesellschaft kranke. „Wer in den USA mit sieben Kindern in den Supermarkt geht, wird beglückwünscht zu diesem Segen. In Deutschland heißt es: Nix anpacken!" Es liege im Interesse der Älteren, das Land kinderfreundlicher zu machen. „Bildung und Innovation müssen Schwerpunkte sein." Umgekehrt dürfe die Wirtschaft die Älteren nicht als „Kostenstelle mit zwei Ohren" betrachten. „Das ist unmenschlich und eine Missachtung ihrer Erfahrung." In Zukunft werde der Altersaufbau der Bevölkerung da eine Neubewertung erzwingen. Es gelte denen zu widerstehen, die den Wert der Gesellschaft am Börsengewinn mäßen; ebenso jenen, die meinten, es solle alles bleiben, wie es sei.

Die Diskussion um die Nebentätigkeiten einiger Volksvertreter aufgreifend mahnte Scharping: „Wenn wir uns zu weit vom Leben entfernen, kriegen wir keine gute Politik." Seine Fraktionskollegin Dr. Ober fragte er: „Du praktizierst doch noch als Ärztin? Behalte das bitte bei!" Scharping schloss: „Das Land ist stark - viel stärker, als manche aufgeregte Debatte vermuten lässt. Vor 30, 40 Jahren hätte das niemand zu träumen gewagt..."

Einleitend hatte Parteichef Ohlig internationale Katastrophen 2004, aber auch positive Aspekte aus Mainhausen Revue passieren lassen. So sei es Bürgermeisterin Ruth Disser und dem Parlament gelungen, die Kommune voranzubringen. Bei den nächsten Wahlen wolle die SDP die Mehrheit in der Gemeindevertretung erringen.

Abschließend griff Disser das Stichwort Kinderfreundlichkeit auf, verwies auf die verbesserten Betreuungsmöglichkeiten in Mainhausen und die noch einzurichtende Betreuungsbörse. Einsparungen und Gebührenerhöhungen seien erforderlich gewesen, erste Erfolge bemerkbar: „Wir können Rechnungen bezahlen, ich muss nicht mehr um Zahlungsaufschub betteln." Unter dem Eindruck der Flut in Südostasien ließen die Genossen einen Spendenkorb kreisen. Der Kassensturz ergab 320 Euro für die Opfer.